Fujifilm Finepix X100 – oder: Liebe auf den zweiten Blick

lomogramIch hatte die X100 bereits einmal kurz im Mai 2011, allerdings hat sie mir neben meiner damaligen Olympus Pen und Pentax K-5 mit der ursprünglichen Firmware zu wenig Mehrwert geboten. Zwischenzeitlich hat sich meine Ausrüstung verändert, ich habe in erster Linie eine Ricoh GRD4 als „Immerdabeikamera“, dazu das Ricoh GXR System (mit den Modulen A12 28+50mm & S10) und noch zwei weitere Systemkameras (Canon 40D und Samsung NX10) und war auf der Suche nach einer Kamera mit einem optischem Sucher der mehr als das aufgenommene Bild anzeigt (ich habe mir auch einen optionalen Aufsteckucher für GRD4 oder GXR A12 28mm Modul überlegt).

„Zwangsläufig“ bin ich wieder bei den mir eh schon bekannten Varianten gelandet: diverse digitale Messsucherkameras (Epson RD-1, Leica M…), die Fuji X-Pro1 und schließlich wieder die X100, mit der ich beim ersten Versuch vor gut eineinhalb Jahren nicht richtig glücklich gewesen bin.

lomogramVon der optischen Aufstecksuchervariante für eine der Ricohs bin ich schließlich wieder abgekommen und mich schließlich nach längerer Recherche wieder für die X100 entschieden, da sie von allen Optionen die handlichste ist. Bei meinen Recherchen habe ich auch festgestellt, dass Fuji schon relativ bald nach Erscheinen der Kamera eine Funktion zur parallaxenkorrigierten Anzeige des Autofokusrahmens im OVF-Modus per Firmware-Update nachgeliefert hat (das war eines meiner größten Probleme mit der Ur-Version der X100 bei Fokusdistanzen zwischen etwa 1 bis 3 Meter: angezeigter AF-Rahmen und die Stelle auf die scharfgestellt wurde, sind systembedingt abgewichen und ich hatte relativ hohen Ausschuss). Weiters fand ich auch ein paar interessante Hinweise auf eine deutlich erhöhte Trefferquote im AF-S bei „Action“ Motiven, wenn der Auslöser komplett durchgedrückt wird. Zumindest „am Papier“ sollte die X100 also meinen Anforderungen entsprechen, doch wie sieht es nun in der Praxis aus?

Ende November 2012 habe ich die Fuji bestellt, die Lieferung erfolgte – wie von Amazon gewohnt – prompt und problemlos. Ein Grund, die Kamera bei Amazon zu kaufen war sicherlich auch der unkomplizierte Rücksendeprozess, nur für den Fall, dass auch mein zweiter Versuch mit der X100 wider nicht zufriedenstellend sein sollte…

Gleich nach Erhalt der Kamera habe ich die aktuellste Firmware aufgespielt, die Kamera konfiguriert (u. a. OS Stromsparmodus: Aus, Schnellstart: An, Fn-Taste: ISO, RAW-Taste: ND-Filter) und in den ersten zwei Tagen RAW+JPEG fotografiert (Dynamikbereich DR100%). Solcherart aufgenommene RAW-Dateien lassen sich mit Lightroom sehr gut entwickeln und haben auch noch mehr Reserven als die entsprechenden JPEGs. Die AE/AF-Lock Taste ist so konfiguriert, dass nur die Belichtung gespeichert wird. Auch bei derartiger Konfiguration fungiert sie aber dennoch auch als Fokustaste im MF-Modus (praktisch für Zonenfokussierung, Mitzieher, …). Die ISO-Automatik habe ich standardmäßig so konfiguriert, dass die längste Zeit, ab der zur nächsten ISO-Stufe gewechselt wird 1/80s ist.

In den darauffolgenden Tagen habe ich dann JPEGs und RAWs mit der Option „Dynamikbereich: Auto“ ausprobiert wobei die Kamera die Dynamikeinstellung selbst auf Grund der Belichtungsparameter wählt. Bei Bildern, bei denen dann von der Kamera z. B. DR400% gewählt wird, kann Lightroom offenbar die RAW-Dateien nicht so ganz richtig interpretieren und die JPEGs sehen durchgewegs schon direkt aus der Kamera sehr gefällig aus – und zumeist auch besser als die aus den parallel aufgenommenen und per LR entwickelten RAWs. Mit „mittel-niedriger“ Rauschreduzierung und „mitttel-weichen“ Kontrasteinstellungen lassen sich die JPEGs auch noch gut nachbearbeiten (z. B. S/W Umwandlung, Anwendung diverser Presets in LR etc.). Ich werde bei der X100 also wohl zumeist „nur“ JPEGs aufnehmen und dabei die „Dynamikbereich:Auto“ Einstellungen wählen oder aber nur RAW und DR100%. Die ISO-Werte, die die Kamera bei „Auto“ wählt, hätte ich zwar wohl zumeist selbst deutlich niedriger angesetzt und hängt wohl mit den internen Maßnahmen zur Ausnutzung eines möglichst weiten Belichtungsspielraums zusammen, aber wenn dafür am Ende ein „druckfertiges“ Foto dabei herauskommt, soll’s mir recht sein.

Der parallaxenkorrigierte AF-Rahmen für Aufnahmen im Nahbereich hat meine ursprünglichen Probleme beim Fokussieren auf Objekte in Entfernungen von etwa ein bis drei Metern brauchbar gelöst. Der auch aus den Tiefen des Internet ausgegrabene „Trick“, beim Fokussieren auf sich bewegende Objekte einfach den Auslöser komplett durchzudrücken, funktioniert auch erstaunlich gut.

Ein weiteres Feature, das mir schon an meiner ersten X100 gut gefallen hat, ist die Blitzbelichtungssteuerung mit dem integrierten Blitz. Egal ob beim Aufhellen bei Gegenlicht oder beim tatsächlichen „Ausleuchten“ bei wenig Licht, die Bilder wirken für „direkt“ geblitzte Aufnahmen sehr harmonisch. Auch der automatische Weißabgleich sorgt für sehr realitätsnahe Aufnahmen, selbst bei Mischlicht. Das sonstige Bedienkonzept hat mir auch schon von Anfang an gut gefallen, alles ist dort, wo man’s braucht (nur das Rad zur Belichtungskorrektur könnte meinetwegen gerne noch etwas mehr „Widerstand“ gegen versehentliches Verstellen leisten).

Ich fotografiere mit der X100 nun fast ausschließlich über den optischen Sucher, übers Display oder den EVF eigentlich nur im Makro-Modus und habe eine sehr gute „Ausbeute“ an brauchbaren Bildern. Bei hauptsächlicher OVF-Verwendung, wenig Blitzeinsatz (etwa 5 – 10 %) und JPEG-Speicherung kam ich mit einer Akkuladung auf rund 450 Bilder.

Nun zu den Dingen, die meiner Meinung nach noch verbesserungswürdig wären:

1) Die ISO-Automatik sollte sich mit einem Knopfdruck ein oder ausschalten lassen
2) Der Makro-Modus sollte sich mit einem Knopfdruck ein oder ausschalten lassen
3) Der AF-C Modus ist unbrauchbar. Mir wäre z. B. lieber, man könnte diesen optional umkonfigurieren und stattessen einen „abgestuften“ MF-Modus implementieren, bei dem über den Navigationshebel drei oder vier definierbare Entferungseinstellungen gewählt werden können (Feinjustierung dann über Fokusring), das wäre für Zonenfokussierung (Stichwort „Street-Photograpyh“) sehr hilfreich (ich bin hier allerdings etwas durch meine Ricohs verwöhnt)
4) Das Stativgewinde sollte auf der optischen Achse liegen.

Aber alles in allem hat sich die X100 seit meiner ersten Begegnung mit ihr im Mai 2011 zu einer sehr alltagstauglichen Reportagekamera entwickelt, sie ist für mich die ideale Ergänzung zu meiner „Immerdabei“ Ricoh GRD4 und „Fast-Immerdabei“ Ricoh GXR. Der Akkutyp scheint übrigens derselbe wie bei der GXR zu sein (ohne Gewähr! aber bis dato hatte ich keine Probleme bei Verwendung der GXR Akkus in der X100 feststellen können) und wird vermutlich das Ricoh GXR A12 28mm Modul komplett ersetzen. Derzeit ist sie auch meine Kamera mit der besten „High-ISO“ Performance, ich lasse der ISO-Automatik freies Spiel bis ISO 3200. Ich werde sie u. a. auch für Reportagen einsetzen, wo ich relativ schnell „druckreife“ Bilder benötige, dafür scheint mir die X100 die richtige Wahl zu sein (bei höchster JPEG-Qualitätsstufe und Aufnahmeformat 3:2 passen rund 1500 Bilder auf eine 8GB Speicherkarte).

Das für mich herausragende Ausstattungsmerkmal der X100 ist jedoch der Hybridsucher, in dem ich – im Gegensatz zu rein elektronischen Suchervarianten – das Bild in „Echtzeit“ sehe und im Gegensatz zu DSLRs auch bei geöffnetem Verschluss sehe, was sich gerade im Bildfeld – und auch ein wenig drumherum (!) abspielt (z. B. bei etwas längeren Belichtungszeiten beim Mitziehen oder Blitz-Experimenten).

Beispiele:

Manuelle Fokussierung mit Hilfe der Schärfentiefe-Anzeige, manuelle Belichtungssteuerung:
20121201 218

Autofokussierung im MF Modus mittels AEL/AFL-Taste:
20121201 222

Fokussierung auf bewegte Ziele im AF-S Modus durch komplettes Durchdrücken des Auslösers:
20121202 (391)

Makro-Modus:
20121226 091

Fokussierung über optischen Sucher:
20121229 154

Fokussierung über optischen Sucher im Nahbereich:
20121130 060

Mehr Bilder:
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