Ricoh GR Digital 4 – Erster Eindruck

Ich habe mir die GRD4 Ende 2011 gekauft, da ich auf der Such nach einer möglichst kompakten Kamera mit integriertem Objektivverschluss (mich nervte z. B. bei meiner früheren LX5 der separate Deckel gelegentlich sehr) war, die auch ohne viel aufzutragen in einer Sakko-Innentasche Platz findet (um sie auch bei z. B. bei Geschäftsreisen dabei haben zu können) und dennoch ein lichtstarkes Objektiv hat und Speicherung als RAW bietet. Die zweite Variante wäre die Canon S95 gewesen, die mir aber im Endeffekt nicht so gut in der Hand lag. Die GR Digital IV ist meine erste Ricoh GR, ich bin auf meiner Recherche vor dem Kauf immer wieder über Erläuterungen zur einfachen und intuitiven Handhabung der Kamera gestoßen.
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Ich verwendete zum Zeitpunkt des Kaufs neben der GRD IV noch eine weitere Kompaktkamera, die Pentax Q mit Standard Prime, sowie eine Pentax K-5 und eine Olympus E-P1. Ich sehe die GRD IV als sehr gute Ergänzung zu diesen drei Kameras. Speziell Pentax Q und GRD ergänzen sich sehr gut. Die Q ist eher meine „Experimentalkamera“, ich habe u. a. einen Adapter für die Verwendung von manuellen C-Mount Objektiven und werde mir dazu auch noch das eine oder andere „Toy“ Objektiv kaufen. Die GRD IV ist hingegen eine durchaus ernst zu nehmende Reportagekamera. Als „Alleinkamera“ wären sowohl Penax Q als auch die GRD IV vermutlich zu eingeschränkt in ihrem Funktionsumfang, hier würde sich aus meiner Sicht eher eine Canon S95/S100 oder eine Lumix LX5 anbieten, mit etwas größerem Gehäuse aber auch etwas größerem Sensor natürlich auch die Fuji X10. Wenn manueller Eingriff in die Belichtung nicht so wichtig ist, dann wäre auch die Nikon V1 oder J1 mit dem 10/2.8 Pancake eine schöne kompakte Lösung.

Meine Bewertung der GR Digital IV:

1) Gehäuse und Haptik

Mit ihrem Gehäuse aus einer Magnesium-Legierung wirkt die GRD4 bereits beim ersten Anfassen hochwertig und robust. Das Einstellrad und das Programmwahlrad rasten sauber ein, letzteres verfügt sogar über eine Arretierung, die ungewolltes Verstellen verhindert. Nicht ganz ins Bild passt – zumindest für mich – der etwas „schwammige“ Druckpunkt des Auslösers und der filigran wirkende Aufklappblitz. Mit dem Griff liegt sie mir sehr gut in der Hand, ich kann sie trotz Handschuhgröße 11 – 12 sehr gut einhändig bedienen.

2) Bedienung und Benutzerführung

Die Kamera verfügt tatsächlich über einige sehr interessante Features, ich zähle hier einmal die für mich wichtigsten auf:

– Die Kamera ist einhändig sehr gut bedienbar
– Das Programmwahlrad ist gegen unabsichtliches Verstellen gesichert
– Der ISO-Automatik kann eine Belichtungszeit vorgegeben werden, ab der zur nächsthöheren ISO-Stufe gewechselt wird
– Es gibt zwei Funktionstasten die in mit vier unterschiedlichen Paaren individuell belegt werden können (z.B. Paar 1: FN1=Umschaltung AF/MF, FN2=AE-L, Paar 2: FN1: AE-L, FN2: Selbstauslöser, use.) Auch der Abruf der jeweiligen Paare geht einhändig
– Die Kameraeinstellungen können individuell in drei über das Programmwahlrad abrufbaren „MY“ Programmen abgespeichert werden.
…und noch einiges mehr

3) Autofokus, Manuelle Fokussierung und Auslöseverzögerung

Der Autofokus geht – überhaupt für eine Kompaktkamera – sehr zügig ans Werk. Die AF-Geschwindigkeit ist eindeutig schneller als bei meiner Olympus Pen E-P1 mit Panasonic G20/1.7, die Auslöseverzögerung ist eigentlich nicht feststellbar. Der Auftofokus kann auch so konfiguriert werden, dass eine ständige „Vor-Fokussierung“ stattfindet, das ist z. B. bei Kinderfotos hilfreich. Durch zügiges Durchdrücken der Auslösetaste kann der Autofokus komplett „ausgeschaltet“ werden, die Kamera nimmt dann automatisch eine vordefinierte Fixfokuseinstellung (1m, 1.5m, 2.5m, 5m, Unendlich oder „Auto“, wo die Kamera selbst entscheidet welche Fixfokusentfernung sinnvoll ist).

Für den Fokus stehen folgende Funktionen zur Verfügung: „Multi-AF“ (für mich nicht interessant, die Kamera legt dabei die Schärfeebene fest), „Spot-AF“ (manuelle Wahl des Fokusfeldes), „Motiv folgen“ (funktioniert nur dann wirklich gut, wenn keine weiteren „störenden“ Strukturen im Bild sind), MF (manuelle Fokussierung: der Ausschnitt des AF-Feldes kann dabei vergrößert dargestellt werden, weiters ist eine Entfernungsanzeige und eine Schärfentiefeskala am Display einblendbar), „Fixfokus“ (wie schon weiter oben beschrieben) und schließlich noch „Unendlich“

Die GRD4 bietet wirklich für jeden Zweck eine passende Einstellungsmöglichkeit, speziell der MF Modus ist sehr praxistauglich implementiert.

4) Bildqualität

Ich speichere sämtliche Bilder als RAW und entwickle diese mit Lightroom, deshalb kann ich zur Jpeg-Qualität nichts genaues sagen. Allerdings gefallen mir speziell die „Bleach Bypass“ Filter gut und ich werde mir wohl eines der oben beschriebenen My-Programme als „Jpeg-Programm“ einrichten (My1 enthält meine Standard-Einstellungen, My2 ist für Stativaufnahmen optimiert). Die Bildqualität aus RAW ist in etwa mit der der Panasonic LX5 vergleichbar. Ich habe auf meinem flickr-Account ein eigenes Album für die GRD4, die Bilder sind großteils in Auflösung 3000×2000, einige auch in Originalauflösung aus Lightroom exportiert: http://www.flickr.com/photos/photonensammler-75/sets/72157628257333845/

Natürlich muss man sich klar sein, dass die GRD4 einen kleinen Sensor hat und mit dementsprechenden Einschränkungen beim Thema „Rauschen“ oder „Dynamik“ im Vergleich zu Kameras mit großen Sensoren zu rechnen ist.

5) Verbesserungspotential

Vier Punkte gibt es allerdings noch, die ggfs. über ein Firmware-Update nachgebessert werden könnten:

– bei der Vorgabe der max. Belichtungszeit für die ISO-Automatik würde ich gerne die Zeiten in 1/3 LW-Stufen einstellen können
– ab 15 s Belichtungszeit kann die Zeit nur noch in ganzen LW-Stufen eingestellt werden (als 15 s, 30 s, 60 s, 120 s, 180 s). Auch hier wäre eine Einstellung in 1/3 Stufen wünschenswert.
– Für den Stabilisator würde ich mir noch die Möglichkeit wünschen nur auf der horizontalen oder vertikalen Aches wirksam zu sein (für Mitzieher-Aufnahmen)
– Eine Kamera interne Raw-Entwicklung wäre für mich praktisch, da ich Bilder unterwegs eigentlich nur im Raw-Format speichere, gelegentlich aber z. B. auch ein JPEG weitergeben möchte

Zusammenfassung:

Wenn man sich bewusst ist, dass die GR Digital IV „nur“ über einen kleinen Sensor verfügt, kein Zoom und keine „modernen“ Features wie z. B. HD-Video, Gesichtserkennung oder High-Speed-Serien mitbringt, dafür aber als „fotografisches Werkzeug“ viele Ausstattungsmerkmale bietet, die speziell Reportagefotografie einfach machen und dennoch bereits in einer Sakko-Innentasche ihren Platz findet, dann kann man mit der „Kleinen“ richtig glücklich werden.Zumindest geht es mir so. Als „Allroundkompakte“ gibt es sicher noch andere interessante Kameras.