Total Normal.

Ein Normalobjektiv ist ein Objektiv, bei dem die Brennweite (in etwa) der Diagonalen des Aufnahmemediums (Film oder Sensor) entspricht. Der Blickwinkel entspricht damit in etwa dem normalen Sichtfeld des Menschen, die Bildgestalung mit einem solchen Objektiv erscheint oft einfacher als mit einem Weitwinkel- oder Teleobjektiv. Es besteht aber auch immer ein wenig die Gefahr, dass mit einer solchen Brennweite aufgenomme Bilder langweilig wirken.

Waiting
Pentax DA 35/2.4 AL an Pentax K-5

Bevor Zoomobjektive zur Erstausrüstung von Systemkameras gehörten, wurden speziell Spiegelreflexkameras meist zusammen mit einem „Normal-“ oder „Standardobjektiv“ angeboten. Aufgrund der hohen Stückzahlen und der unkomplizierten Konstruktion sind Normalobjektive zumeist die preiswertesten lichtstarken Objektive mit meist verhältnismäßig guten Abbildungseigenschaften. Als ich mit 14 Jahren meine erste Spiegelreflexkamera bekam war mein erstes und lange Zeit einziges Objektiv das Pentacon auto 1.8/50, ein ganz typscher Vertreter dieser Objektivgattung.

Die typischen „50er“ der Kleinbildfilm-Ära erfahren bei Verwendung auf digitalen Systemkameras mit entsprechend kleineren Sensoren eine – scheinbare – Brennweitenverlängerung und erleben daher auf Kameras mit APS-C oder (M)FT Sensoren eine Renaissance als kurze Teleobjektive.

Im folgenden Beitrag will ich die in den letzen Jahren von mir verwendeten Normalobjektive vorstellen.

Pentacon auto 1.8/50
New York, Helicopter Sight Seeing
New York, Helicopter Sight Seeing, 1990

Niagra Falls
Niagra Falls, 1990

Wie schon eingangs geschrieben war das Pentacon mein erstes und lange Zeit auch einziges Objektiv an meiner ersten Spiegelreflexkamera, einer Praktica MTL5B. Da bereits die Filmentwicklung einen Großteil des Fotobudgets aufbrauchte, blieb es auch dabei, bis ich mir dann irgendwann eine Canon EOS 3000 samt 35-70mm Zoom kaufte (das war Ende der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts). Gut zehn Jahre lang haben mir Praktica samt Pentacon aber sehr gute Dienste geleistet, beide sind heute gelegentlich noch im Einsatz.

Auf einer digitalen Kamera mit Sensor im Kleinbild-Format hatte ich das Pentacon noch nicht verwendet, wohl aber an Kameras mit APS-C Sensoren.

20120508 268
Pentacon auto 1.8/50 an Ricoh GXR Mount, Bildwinkelfaktor 1.5

20120825 180_1800
Pentacon auto 1.8/50 an Canon 40D, Bildwinkelfaktor 1.6

Nikon AF-S Nikkor 50mm 1:1,4G
Bei meinem kleinen „Ausflug“ ins Nikon-System (D700 + D7000) Mitte 2011 war meine Lieblingskombination die Nikon D700 mit dem AF-S 50/1.4G.

20110705 033
Nikon D700 (FX) + Nikon AF-S Nikkor 50mm 1:1,4G

20110705 015
Nikon D700 (FX) + Nikon AF-S Nikkor 50mm 1:1,4G

Katharina
Nikon D700 (FX) + Nikon AF-S Nikkor 50mm 1:1,4G

Das Objektiv fokussiert relativ flott, hat einen recht angenehm wirkenden Unschärfebereich und hat mit Lichtstärke 1.4 große Reserven für Aufnahmen bei wenig Licht – und bringt natürlich auch viel Potential für akzentuiertes Spielen mit der Schärfentiefe mit.

Auf einer Kamera mit APS-C Sensor (bei Nikon DX genannt) ist es wiederum ein praktisches kurzes Tele.

I'm a princess!
Nikon D7000 (DX) + Nikon AF-S Nikkor 50mm 1:1,4G

Olympus M.ZUIKO DIGITAL 25mm 1:1.8
Mit dem im Winter 2013/2014 vorgestellten Standardobjektiv fürs MicroFourThirds System schließt Olympus die Lücke zwischen dem M.ZUIKO DIGITAL 17mm 1:1.8 und dem M.ZUIKO DIGITAL 45mm 1:1.8 (sowohl von Panasonic als auch von Voigtländer gab es aber bereits seit längerem noch lichtstärkere Vertreter der Spezies für MFT). Das Objektiv bildet schon ab Offenblende scharf und brillant ab und bietet systembedingt auch eine minimale Aufnahmeentfernung von 25cm ab Sensorebene. Die Anmutung des Unschärfebereichs fällt dennoch relativ angenehm aus.

20140410 071

20140422 141

20140404 200

20140404 094

Pentax Q – 01 Standard Prime
Die Pentax Q ist derzeit die kleinste Systemkamera mit Wechselobjektiven am Markt, sie hat einen 1/2.3″ Sensor. Zur Erstausrüstung der Kamera gehört das 01 Standard Prime (8,5 mm Brennweite, Lichtstärke 1.9). Bedingt durch den kleinen Sensor hat das Objektiv nur verhältnismäßig wenig Potential für Spielereien mit der Schärfentiefe, dafür bringt es einen leisen Zentralverschluss und einen integrierten und über das Menü der Q aktivierbaren ND-Filter mit. Abgesehen von einer – für ein Normalobjektiv – relativ starken Verzeichnung (die jedoch in Lightroom dank Korrekturprofil leicht behoben werden kann) liefert es für meinen Geschmack sehr ansprechende Bildqualität.

20120617 277
Pentax Q + 01 Standard Prime, aktivierter ND-Filter

20121001 159
Pentax Q + 01 Standard Prime

20120209 1100
Pentax Q + 01 Standard Prime

PENTAX smc DA 35mm F2.4 AL
Das Pentax DA 35/2.4 AL ist ein unscheinbares Ding, kostet weniger als 200 Euro – und liefert dennoch an den Pentax APS-C DSLRs ziemlich respektable Ergebnisse. Der einzige Schwachpunkt ist die geringe Zahl von Blendenlamellen, wodurch beim Abblenden punktförmige Lichtreflexe als Sechsecke dargestellt werden und – abgeblendet – der Unschärfebereich unruhig wirken kann. Andererseits ist es bereits ab Offenblende gut einsetzbar, und hier ist die Öffnung natürlich rund. Es ist bei Offenblende auch wesentlich unkomplizierter als das an sich sehr gute Pentax FA 31/1.8 Limited, und neigt z. B. kaum zu Farbsäumen an Kontrastkanten.

Herbst
Pentax K-5 + DA 35mm F2.4 AL

Wien - Stadspaziergang
Pentax K-5 + DA 35mm F2.4 AL

20111011 102_3000
Pentax K-5 + DA 35mm F2.4 AL

Pentax smc FA 31mm F1.8 AL Limited
Das FA 31/1.8 Limited gilt zwar als „Referenzobjektiv“ an Pentax DSLRs, ich kann die allgemeine Begeisterung allerdings nicht so ganz teilen, weil es mir als Reportageobjektiv auf KB-Film noch wesentlich besser gefällt. Es hat unbestritten eine sehr hohe Wiedergabequalität, allerdings wäre es Zeit, dass Pentax dem Objektiv eine Überarbeitung zu Teil kommen lässt, da der Schraub-Autofokusantrieb relativ laut ist und auch kein manuelles Eingreifen in die Fokussierung erlaubt.

20110403 227
Pentax K-5 + FA 31mm F1.8 AL

20110403 200
Pentax K-5 + FA 31mm F1.8 AL

20110417 124_1800
Pentax K-5 + FA 31mm F1.8 AL

Samsung NX 30mm f/2
Über die Samsung NX10 bin ich auf eBay ltztendlich eher zufällig „gestolpert“, habe das System allerdings schon länger mit wachsendem Interesse verfolgt. Vor allem das 30mm f/2 ist mir schon zuvor mehrfach positiv aufgefallen und so habe ich es mir auch noch recht günstig (etwas über 100 Euro) auf eBay gekauft. Es wäre mir auf jeden Fall auch den aktuellen Straßenpreis wert. Es bildet noch dazu etwas harmonischer als das schon beschriebene Pentax DA 35/2.4 AL ab und ist durch die Pencake-Bauweise noch deutlich kürzer.

20121030 048
Samsung NX10 + Samsung NX 30mm f/2

20121031 171
Samsung NX10 + Samsung NX 30mm f/2

20121031 122
Samsung NX10 + Samsung NX 30mm f/2

Ricoh GXR Modul GR LENS A12 50mm F2.5 MACRO
Die Ricoh GXR mit dem A12 50mm Modul (in Wirklichkeit 33mm auf einem APS-C Sensor) ist derzeit meine liebste Ausrüstung für Aufnahmen mit Normalbrennweite. Das Modul verfügt auch über einen Makro-Modus, womit speziell in Kombination mit dem „Modus 2“ der Fokushilfe der GXR sehr einfach die Schärfeebene ausgewählt werden kann. Der Verschluss des Moduls ist zudem sehr leise.

20120318 030
Ricoh GXR Modul GR LENS A12 50mm F2.5 MACRO

20120517 032
Ricoh GXR Modul GR LENS A12 50mm F2.5 MACRO

20120323 289_1800
Ricoh GXR Modul GR LENS A12 50mm F2.5 MACRO

Panasonic LUMIX G 20/F1.7 I/II

Als das Microfourthirds-System 2008 eingeführt wurde, was das Panasonic G 20/1.7 das erste lichtstarke Autofokus-Objektiv im System (und blieb es auch für längere Zeit). Ich hatte es in der ersten Version an meinen Olympus Pens E-P1/2/3 im Einsatz, an meiner aktuellen Panasonic GX7 verwende ich die neue II Version (die sich aber nur in der Aufmachung, nicht jedoch im optischen Aufbau des Objektivs von der Erstversion unterscheidet).

Speziell 2010 war meine E-P2 fast ständig mit dem 20er bestückt. Die GX7 habe ich mir im Set mit dem Objektiv gekauft und eigentlich überlegt, es gleich wieder abzugeben, zumal ich bereits das Olympus.M 17mm F1.8 als auch das 25mm F1.8 habe. Allerdings zeigt sich immer wieder, dass der Bildwinkel zwischen einem Kleinbild äquivalenten „35er“ und einem „50er“ in der Praxis immer wieder sehr brauchbar ist. Dazu kommt noch eine recht gefällige Bokeh-Anmutung sowie eine Nahgrenze von nur 18cm.

Version I:

Zwe

20100808 012

Version II:

20150509 040

20150510 058

(Liste wird fortgesetzt, letztes Update: 11. Mai 2015)

Allgemein zusammengefasst kann man sagen, dass die „Normalbrennweiten“ meist ein sehr gutes Verhältnis aus Schärfe und Darstellung des Unschärfebereichs („Bokeh“) bieten. Durch die meist relativ kurze Nahdistanz (je nach System zwischen etwa 25 und 45 cm) kann man mit diesen Objektiven auch mit der Perspektive arbeiten. Anders als bei weitwinkeligeren Brennweiten wirken auch Personenaufnahmen ab etwa Halb-Totale noch recht natürlich und wenig „verzerrt“ und man kann mit Normalbrennweiten bei Personenfotos noch genügend Distanz einhalten.

Andererseits sind viele der aktuellen zur Erstausrüstung gehörenden Kit-Objektive (zumeist Zoom-Objektive mit KB äquivalenten Brennweiten von rund 24mm bis etwa 90mm) gerade im Bereich der jeweiligen Normalbrennweite durchaus gut einsetzbar und weisen in diesem Brennweitenbereich nur moderate Verzeichnung auf und bieten dabei zumeist noch Offenblendewerte um die 4.0. Speziell bei spiegellosen Systemkameras und vielen APS-C DSLRs sind diese Objektive noch immer relativ kompakt und nicht viel größer als die entsprechenden Normalbrennweitenobjektive (mit Ausnahme von Pancakes). Lässt man die Anfangs- und Endbrennweiten bewusst aus, sind auch mit diesen Objektiven durchwegs „brauchbare“ Resultate möglich. Hier als Beispiel das PENTAX-DA 18-55mm F3.5-5.6 WR, das zudem noch „wetterfest“ ist:

20110306 130
Pentax K-5 mit PENTAX-DA 18-55mm F3.5-5.6 WR bei 32.5mm und Blende 6.3

Winter 2010/2011
Pentax K-5 mit PENTAX-DA 18-55mm F3.5-5.6 WR

Persönlich bevorzuge ich es allerdings bei Reportagen u. ä. lieber mit zwei Kameras und entsprechenden Festbrennweiten zu fotografieren da ich mich beim Fotografieren mit solchen Objektiven zumeist intensiver mit dem Motiv auseinandersetze.