Fujifilm X20

20130512 024 Ich habe mir die Fuji X20 gekauft, da ich auf der Suche nach einer Kompaktkamera mit optischem Sucher, einem Zoombereich von etwa 28-100 mm und dazu noch einem einigermaßen flotten Autofokus war, die das S10 Modul meiner Ricoh GXR ersetzen sollte. Größe war dabei eher zweitranging, denn als „Jackentaschenkamera“ habe ich auch noch meine Ricoh GRD4, dann – zwischenzeitlich eher als Spielerei – noch eine Pentax Q.

Die Fuji X10 hat mir auch schon gut gefallen, allerdings war sie wegen Ihres Suchers ohne jegliche Informationseinblendung für mich schließlich uninteressant und ich habe sie etwas aus den Augen verloren. Als dann auf dpreview die ersten Spezifikationen der X20 veröffentlicht wurden, war mein Interesse jedoch geweckt. Am Papier schien die X20 genau die Kamera zu sein, nach der ich gesucht habe. Durch meine durchwegs positiven Erfahrungen mit meiner (zweiten) X100 hatte ich auch die Hoffnung, dass auch die X20 brauchbare JPEGs liefert (und noch bessere RAWs). Nachdem dann auch noch Lightroom den X-Trans Sensor ab Version 4.4 besser unterstützen sollte, war die Kaufentscheidung schließlich gefallen.

20130407 170 Der erste Fotoausflug mit der X20 führte an einem trüben Sonntagmorgen zum „Friedhof der Namenlosen“ im Alberner Hafen in Wien, mit den Ergebnissen war ich durchwegs zufrieden (sowohl JPEG als auch RAW). Bei den meisten der Motive arbeitete ich dabei mit einem relativ kurzen Aufnahmeabstand und entsprechend geringer Schärfentiefe, für eine Kamera mit kleinem Sensor fand ich die Leistung beachtlich.

20130407 232 Am gleichen Tag ging es dann noch mit der Familie nach Baden bei Wien, wo ich speziell den optischen Sucher austestete. Für mich ist er praktisch, durch die „nur“ 85 % Sucherabdeckung (im Bezug auf’s 4:3 Format – bei 3:2 sind es vermutlich mehr als 90 %) ist auf jeden Fall das, was man gesehen hat, auch am Foto drauf, aber vor allem gibt es keinerlei Anzeigeverzögerung und durch die de-facto augenblickliche Auslösung ist die Kamera super für Schnappschüsse geeignet.

Was mir hier jedoch fehlt ist – wie es bei der X100 etwas später eingeführt wurde – ein parallaxenkorrigierter AF-Rahmen für den Nahbereich.

20130408 041 Am nächsten Tag ging es dann ins Büro nach Wien, wo ich in der Mittagspause die Gelegenheit hatte, ein paar „Touristenmotive“ zu knipsen (schließlich soll die Kamera auch als kleine Reisekamera dienen. Die Mittagszeit ist zwar sicher nicht ideal zum Fotografieren – zumal es sehr sonnig war – aber bereits direkt beim Fotografieren hat sich eine große Schwäche der X20 gezeigt: Durch die Verschlusskonstruktion sind die kürzestmöglichen Zeiten Blende beschränkt. D. h. für Spielereien mit der Schärfentiefe wird es bereits ab Lichtwert 12 eng und ab etwa Lichtwert 15 muss man über die förderliche Blende (die bei 12 MP und dem 2/3″ Sensor etwa bei 4.5 liegen müsste) hinaus abblenden. Ich habe mir das dann in aller Ruhe zu Hause noch einmal angesehen und kam zu folgedem Ergebnis:

Blende 2.0 + kürzestmögliche Zeit 1/1000s = LW 12
Blende 2.2 + kürzestmögliche Zeit 1/1000s = LW 12,2
Blende 2.5 + kürzestmögliche Zeit 1/1200s = LW 12,9
Blende 2.8 + kürzestmögliche Zeit 1/1200s = LW 13,2
Blende 3.2 + kürzestmögliche Zeit 1/1200s = LW 13,6
Blende 3.6 + kürzestmögliche Zeit 1/1600s = LW 14,3
Blende 4.0 + kürzestmögliche Zeit 1/2000s = LW 15
Blende 4.5 + kürzestmögliche Zeit 1/2000s = LW 15,3
Blende 5.0 + kürzestmögliche Zeit 1/2500s = LW 15,9
Blende 5.6 + kürzestmögliche Zeit 1/2500s = LW 16,3
Blende 6.4 + kürzestmögliche Zeit 1/2500s = LW 16,6
Blende 7.1 + kürzestmögliche Zeit 1/3000s = LW 17,2
Blende 8.0 + kürzestmögliche Zeit 1/3000s = LW 17,6
Blende 9.0 + kürzestmögliche Zeit 1/4000s = LW 18,3
Blende 10.0 + kürzestmögliche Zeit 1/4000s = LW 18,6

20130421 200 Im S und M Modus steht auch ein elektronischer (oder eine Kombination aus dem mechanischen und einem elektronischen) Verschluss mit 1/4000 s kürzestmöglicher Verschlusszeit zur Verfügung. Dennoch wäre es schön, wenn diese Option generell und in allen Programmen wählbar wäre. Interessant ist jedoch, dass bei aktivierter ISO-Automatik im M-Modus die Kamera auch den ISO-Wert anpasst, sollte eine Unterbelichtung drohen.

20130512 077 Normalerweise arbeite ich mit Kompaktkameras immer mit Blendenvorwahl um nicht (deutlich) weiter als bis zur förderlichen Blende abzublenden. Meine GRD4 bietet z. B. noch die Möglichkeit, dass die Kamera bei drohender Überbelichtung dennoch ausnahmsweise weiter abblendet, eine solche Funktion hat die X20 leider nicht. Auch die Abstimmung der Programmautomatik ist wohl eher auf größere Sensoren ausgelegt, anders ist es mir nicht zu erklären, warum wiederum die Programmautomatik teilweise Zeit-Blenden-Kombinationen wählt, die jenseits deutlich jenseits der förderlichen Blende liegen – obwohl mit größerer Öffnung noch immer genügend kurze Zeiten möglich wären (z. B. Programmautomatik Blende 9 bei 1/800s wobei bei Blende 5 und 1/2500s möglich wäre)

Die X100 und auch das 01 Standard Prime der Pentax Q bringen da einen integrierten ND-Filter mit, der fehlt bei der X20 ganz eindeutig, ein zusätzlicher ND-Filter (samt der entsprechenden Adapters aus dem Fuji Zubehör) sind daher notwendig, wenn man bei wirklich hellen Umgebungslicht- und Motivbedingungen fotografieren will. Abgesehen davon wäre es zumindest wünschenswert, wenn sich die Programmautomatik von Haus aus eher an der jeweiligen förderlichen Blende orientiert wäre.

Was bräuchte die X20 um mich innerhalb der vorgegebenen Spezifikation vollends zufrieden zu machen?

1) Eine Option, mit der der Programmautomatik eine Priorität auf größtmögliche Blendenöffung vorgegeben werden kann (oder aber, dass die Blende z. B. bei Blendenvorwahl bei drohender Überbelichtung entsprechend geschlossen wird)
2) eine Entwicklungssoftware, die noch besser mit den Sensordaten zurecht kommt, speziell in Bezug auf feine Texturen und Muster und/oder eine besser abgestimmte JPEG-Engine für die Kamera selbst.
3) Das aktive AF-Feld sollte im optischen Sucher bereits vor der Fokussierung angezeigt werden, optional mit parallaxenkorriegiertem Rahmen (so, wie’s dann schließlich bei der X100 implementiert wurde)

Das gefällt mir bereits jetzt sehr gut:

1) Implementierung der ISO-Automatik mit definierbarem Mindest- und Höchstwert und wählbarem Zeitlimit für den Wechsel zum nächsthöheren Empfindlichkeitswert
2) Q-Menü das Einstellung aller relevanten Werte über einen Bildschirm erlaubt (habe ich bis jetzt nur bei Pentax und Oly in ähnlicher Form gesehen)
3) MF-Implementierung: ja, ein „echter“ Fokusring am Objektiv wäre mir noch lieber. Aber die Kombination aus Fokus-Peaking, Entferungsanzeige und digitaler Schärfentiefeskala und noch der Möglichkeit, über die AFL/AEL Taste im MF-Modus scharfzustellen ist auch schon sehr gut einsetzbar.
4) Zuerst habe ich mich geärgert, dass das Stativgewinde nicht in der optischen Achse liegt. Aber: so, wie es gemacht ist, kann man am Stativ bei Speicherkarte und Akku wechseln
5) Programmwahlrad und Belichtungskorrekturrad rasten definiert ein und lassen sich nicht allzu leicht (versehentlich) verstellen
6) Die Haptik. Es macht einfach Freude, die X20 in die Hand zu nehmen und mit ihr zu fotografieren.
7) kaum wahrnehmbares Auslösegeräusch und kurze Auslöseverzögerung

Was wäre auch nicht schlecht gewesen?

1) ein stärkerer Akku (der Fuji Akku entspricht allerdings von der Spezifikation dem Pentax Q Akku, und davon habe ich zwei – somit habe ich jetzt insgesamt drei Akkus für die Fuji; Angaben ohne Gewähr und auf eigene Gefahr – bei mir funktioniert’s wunderbar ;))
2) integrierter ND-Filter
3) muss es wirklich ein X-Trans Sensor sein? Ein konventioneller Sensor hätte es vermutlich auch getan

20130518 205 Mein Fazit: Das Ziel, das etwas in die Jahre gekommene S10 Modul der GXR zu ersetzen, habe ich fast erreicht, mit der Bildqulität der X20 bin ich jedoch nicht so ganz zufrieden. Die Kamera ist flott, das Bedienkonzept ist durchdacht und ich kann alle für die Aufnahme relevanten Werte mit Direktzugriffstasten bzw. Rädern einstellen. Dennoch: obwohl die Kamera einen etwas größeren Sensor als meine GRD4 (1/1.7″) und Pentax Q (1/2.33″) hat, hat das auf die Fotos keinen erkennbaren Einfluss.